Schwedentabletten

Salztabletten im Ausdauersport – sind sie wirklich nützlich?

Ob beim Radfahren, Laufen oder im Triathlon - je länger die Distanz, desto wichtiger scheint die Aufnahme von Natriumchlorid. Salz- oder Schwedentabletten sollen dabei helfen. Was steckt dahinter und wie kann man sie mitführen?

Kochsalztabletten
Kochsalztabletten: Sie sollen dem Athleten bei langen Ausdauerbelastungen helfen - (Foto: Triathlon-Tipps.de)

Am vorletzten Kilometer standen sie an den Laternen: Läufer eines Marathons, die an den Stangen versuchten sich die Wadenkrämpfe herauszudehnen, das Ziel fast schon vor Augen. Für Krämpfe gibt es mehrere Ursachen, doch viele Ausdauerathleten berichten von Besserung, wenn sie Salztabletten während langer Einheiten zu sich nehmen.

Wozu Salztabletten beim Ausdauersport?

Die These: Beim Schwitzen scheidet der Ausdauersportler nicht nur Wasser aus. Auch Harnstoffe und Mineralien werden ausgeschwemmt, allen voran Natriumchlorid – sprich: Kochsalz. Viele Sportler bringen damit Krämpfe und andere Ausfallersscheinungen in Zusammenhang.

Um dem zu entgehen, nehmen einige Ausdauersportler Kochsalztabletten. Da diese Tabletten zum ersten Mal bei einem Skilanglauf in Schweden eingesetzt wurden, heißen sie oft auch Schwedentabletten.

Was ist nun dran? Es stimmt durchaus: Beim Schwitzen scheidet man Salz aus. Allerdings: Die Wissenschftler sehen es heute differenzierter. So gab es das englische Buch “Waterlogged” vom Timothy D. Noakes. Darin behauptet der Mitarbeiter der Universität Kapstadt und erfahrene Ultraläufer, dass der Körper selbst sich bestens um den Salzhaushalt kümmere, solange man nicht zu viel trinke (weil es so im Plan steht) und damit in eine Hyponatriämie schlittert.

Lese hier: Muskelkrampf beim Sport. Wie er entsteht und man dagegen tun kann.

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Salztabletten gegen Muskelkrämpfe beim Ausdauersport

Dass im Schweiß Salz ausgeschieden werde, sei zwar richtig, doch der Körper stoppt diese Ausscheidung über Schwitzen, sobald ein gewisses Gleichgewicht vorhanden ist. Noakes sagt (1) also: Selbst bei Hitze reicht es aus, nach Durstgefühl zu trinken ohne dabei extra Salz zuzuführen, unter der Voraussetzung, dass man eine sinnvolle Tempostrategie nutzt – sprich: Nicht überzockt.

Zudem stellt Noakes etwas fest, das aus einer Studie aus dem Jahr 2004 stammt. In der heißt es:

„There are no clinically significant alterations in serum electrolyte concentrations and there is no alteration in hydration status in runners with EAMC participating in an ultra-distance race.“

Zu deutsch bedeutet das etwa:

„Zwischen den Elektrolyten im Blut von Läufern und Muskelkrämpfen lässt sich kein direkter Zusammenhang erkennen. Also können die Tabletten gegen Krämpfe gar nicht helfen?“

Was aber, wenn die Ernährungsstrategie komplett von Flüssigkeit abhängt, sprich auch die teilweise oder gar die gesamten Kohlenhydrate durch Getränke aufgenommen werden. Diese Ernährungsweise wird mittlerweile von einigen Athleten bevorzugt, die so ganz individuelle Mischungen erhalten können.

Dazu schreibt eine Studie aus 2002:

„Sodium replacement is recommended for ultradistance athletes to enhance the absorption of glucose, and to partially correct any sodium losses in sweat and urine.“

Deutsch etwa:

„Salz-Ersatz wird für Ultradistanz-Athleten empfohlen, um die Aufnahme von Glucose zu verbessern und teilweise den Verlust von Natrium durch Schweiß und Urin auszugleichen.“

Dazu kommen noch viele positive Berichte von Athleten, die bei langen Rennen Salz zu sich genommen haben und zumindest glauben, sie hätten dadurch signifikant weniger Probleme. Ein Placebo-Effekt?

Am Ende bleibt eine Empfehlung, die ich häufig ausspreche: Probiert es selbst an Euch vorsichtig aus. Egal ob es ein Placeboeffekt ist oder sich tatsächlich dadurch etwas verbessert – solange es zum Beispiel Muskelkrämpfe bei einem verbannt, spricht nichts gegen den vorsichtigen Einsatz von Salztabletten. Auch ich habe solche während der Langdistanz eingenommen – Krämpfe hatte ich dann erst nach dem Rennen aufgrund von Magnesiummangel.

Die Dosis muss dabei individuell ausgetestet werden, eine Überdosierung hat übrigens eher negative Auswirkungen. Von einer bis vier Salzdragees pro Stunde habe ich gehört. Das kommt natürlich auch auf die genaue Zusammensetzung der Tabletten an.

Transport der Salztabletten

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Für einen Triathlon sind Salztabletten vielleicht also hilfreich, allerdings haben sie einen praktischen Nachteil: Sie sind klein. Sehr klein. Und ein Gefummel während des Radfahrens, um die Schwedentabletten rauszuziehen, zwingt einen mindestens die Aeroposition aufgeben, wenn nicht sogar unsicherer zu fahren. Auch beim Laufen macht das Suchen nach den kleinen Pillen keinen Spaß.

Was also tun? Viele Triathleten nehmen die kleinen Dosen oder Spender anderer Dragees her. Zum Beispiel von Tic Tac oder Smint. Die sind halbwegs leicht zu greifen und können dosiert Dragees abgeben.

Die Lösung, Salztabletten in der Trikottasche mitzuführen hat einen Nachteil: Schwitzt man bis dahin durch oder es regnet darauf, ziehen die Salztabletten die Feuchtigkeit magisch an und beginnen sich in einen weißen Brei zu verwandeln.

Ich habe auf meiner Langdistanz die Salztabletten vorne in einer Riegeltasche mitgeführt, die seitlich ein kleines Extrafach hatte. Das ging für das Radfahren ganz gut. Beim Laufen hatte ich dann welche in einem kleinen
zusammengeschnittenen Gefrierbeutel dabei.

Zwei Tricks, von denen ich noch im Web gelesen habe: Einige nehmen gerne Salzcracker mit (Tuc zum Beispiel) und brechen sich jeweils Stückchen ab. Andere nehmen tatsächlich Kochsalz als Pulver mit, tauchen jeweils ihre Finger darin ein und lecken es davon ab.

Welche Erfahrungen habt Ihr mit Salztabletten? Schreibt mir in den Kommentaren.

Quellen:

(1) Nolte, Heinrich W., Timothy D. Noakes, and Bernard Van Vuuren. „Trained humans can exercise safely in extreme dry heat when drinking water ad libitum.“ Journal of sports sciences 29.12 (2011): 1233-1241.
(2) Schwellnus, M. P., et al. „Serum electrolyte concentrations and hydration status are not associated with exercise associated muscle cramping (EAMC) in distance runners.“ Br J Sports Med 38 (2004): 488-492.
(3) Kimber, Nicholas E., et al. „Energy balance during an ironman triathlon in male and female triathletes.“ International journal of sport nutrition and exercise metabolism 12 (2002): 47-62.

Eine Antwort zu “Salztabletten im Ausdauersport – sind sie wirklich nützlich?”

  1. Franz Georg Keel

    Beim Bergsteigen über 1000 Höhenmeter pro Tag ist dieselbe Problematik spürbar. Ich helfe mir mit 1-2 gedörrten Tomaten, welche sehr salzig sind und habe immer auch Magnesium (400 mg-Kapseln) dabei. Im Alter (ich bin 70) kann der Magnesiumbedarf stark zunehmen. Meine Grundversorgung liegt bei 800 mg/Tag. Bei einer strengen Bergtour kann das bis 1600 mg gehen. Un dich habe keine Krämpfe und auch keinen Muskelkater. Salz bindet auch Wasser im Körper. Deshalb achte ich bei starker sportlicher Belastung auf Salzzugabe.

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