CEP & Co.

Wann Kompressionskleidung sinnvoll ist

Endlich geklärt: Was bringen die Socken und Stulpen für die Leistung beim Triathlon, was bringen sie für die Regeneration? Hier steht's

Kompressionssocken
Kompressionssocken: Was bringen sie wirklich? - (Foto: ©iStock.com/Maridav)

Seit einem halben Jahrzehnt sind nun die Quetsch-Textilien auf dem Markt: Als bunte Kompressions-Socken oder eingewebt in neue Triathlon-Anzüge. Und seit es diese Stoffe gibt, schwören einige Triathleten darauf, während andere sie als Humbug abtun. Das schafft natürlich gerade unter Anfängern Unsicherheit.

Doch was ist nun dran an der Kompressionskleidung? Gibt es wissenschaftliche Belege für den Nutzen dieser engen Socken, Stulpen und Anzüge? Machen wir uns auf die Spurensuche.

Warum soll Kompression von Muskel und Gewebe helfen?

Klingt zunächst wenig logisch: Kleidung, die sehr eng anliegt, soll einen positiven Effekt auf den Menschen haben. Doch genau da kennt man aus der Alten- und Krankenpflege. Dort werden Kompressionsstrümpfe schon seit langer Zeit von Sanitätshäusern geführt. Diese „Stützstrümpfe“ bewirken ein Zusammenquetschen der Venen, womit sich die Fließgeschwindigkeit des Blutes auf dem Rückweg zum Herzen erhöht. Dadurch werden Abfallstoffe schneller abtransportiert und zum Beispiel Thrombosen verhindert.

Doch was hat all das mit uns Ausdauersportlern zu tun?

Wie aus Stützstrümpfen Kompressionssocken wurden

Die positiven Eigenschaften aus dem Pflegebereich brachte einige Hersteller auf die Idee, dass auch ein gesunder Mensch von der Kompression einen Nutzen haben kann. Doch statt des beigen sehr unbeweglichen Gewebes musste bei Sportlern etwas mobileres und auch schöneres her. Darum gibt es heute Kompressionskleidung in Neonbunt bis gedeckt Weiß, die an entscheidenden Stellen zugentlastet ist. Für den Einsatz bei Hitze gaben die Hersteller den Strümpfen außerdem noch ein atmungsaktives Material. Hinzu kamen Polster für die Bereiche am Fußballen und der Ferse.

Was sagen die Hersteller über Kompressionskleidung?

Natürlich weisen die Hersteller ihren Materialien eine wahre Wunderwirkung nach:

Schneller laufen: Die Laufzeit kann um ca. 5% verkürzt werden (Bsp.: Bei einer Marathonzeit von 4 Stunden sind das 12 Minuten).

Das sagt zum Beispiel CEP über seine Laufsocken.

Natürlich blieb die Kompression nicht bei den Socken. Hersteller 2XU zum Beispiel baute die Kompression auch in die Anzüge mit ein und verspricht eine verbesserte Blutzirkulation und eine Anregung des Lymphsystems, die Vorbeugung gegen Venenthrombose, weniger Muskelschäden, verbesserte Haltung, höhere Leistung und eine schnellere Regeneration.

2014 kam X-Bionic mit der partiellen Kompression auf den Markt. Das Konzept: Das Gewebe der Kleidung ist nicht plan, sondern weist eine Wellenstruktur auf. In den so entstehenden Rinnen zwischen Stoff und Haut kann sich Schweiß zur Kühlung ansammeln, ehe er abstransportiert wird. Die Wirkung dieser „Partial Compression“ ließ sich X-Bionic auch gleich durch eine Studie belegen, die dem Gewebe bescheinigte:

  • zehn Prozent mehr Leistung
  • sieben Prozent geringere Laktatbildung
  • 20 Prozent schnellere Erholung
  • 2,4 Schläge sank die Herzfrequenz pro Minute

Der Arzt Dr. Ambacher empfiehlt daraus resultierend:

Kompressionsbekleidung mit partieller Kompression kann insbesondere für lange Ausdauerbelastungen bei erhöhter Umgebungstemperatur empfohlen werden.

So oder ähnlich argumentieren auch die meisten anderen Produzenten.

Dass die Hersteller ihr Material toll finden, verstehen wir natürlich. Aber wie sieht es nun objektiv betrachtet damit aus?

Was sagt die Wissenschaft über Kompressionskleidung?

Mit der Popularität der Kompressionskleidung kamen auch die ersten Studien auf, die einen Effekt belegen sollten. Und tatsächlich sind die Kompressions-Kleidungsstücke nicht ohne Wirkung. Das steht bereit fest. Auch wenn 2011 das Ergebnis einer Veröffentlichung nahelegte:

Die Literaturübersicht hat gezeigt, dass es keine wissenschaftliche Allgemeingültigkeit zum Nutzen von Kompressionskleidung im Leistungssport gibt.

Heute weiß man es etwas genauer. Eine Studie aus dem Jahr 2012 kommt zu einem besseren Ergebnis und ist auch nahe am Triathlon, denn es wurden 14 Athleten auf einem 40 Kilometer langen Zeitfahren getestet. Dabei hatte die eine Hälfte wirkliche Kompressionssocken an, die anderen nur normale lange Socken, die genauso aussahen. Sprich: Placebos. Die Probanden trugen diese Socken dann einen Tag lang nach dem Zeitfahren und wurden erneut auf den Kurs geschickt, wobei man gleiche Bedingungen schuf (also gleiche Ernährungslage zum Beispiel). Nach einer Woche wurden die Testgruppen getauscht und der Test wurde wiederholt.

Ergebnis: Wer die Socken trug, war in den darauf folgenden Zeitfahren tatsächlich über ein Prozent schneller und konnte rund drei Prozent stärker in die Pedale treten.

Eine andere Veröffentlichung aus Deutschland fasst die Ergebnisse verschiedener Studien zusammen. Auch sie stützt die These, dass Kompressionskleidung bei der Regeneration Wirkung zeigt. Sie kommt gleichzeitig zum Schluss, dass es auch Effekte beim Ausüben eines Sports gibt. Allerdings eben nur geringe.

Aber: Nicht alles was schnell macht ist erlaubt, also wie sieht es die DTU? Was darf man davon wann tragen?

Was sagen die Regeln über Kompressionskleidung?

Einige mögen die Kompressionssocken zum Beispiel so sehr, dass sie sie während des Triathlon-Wettkampfes anziehen. Das ist auch erlaubt, so lange sie die Socken erst in der Wechselzone anziehen. Denn beim Schwimmen sind

Hilfsmittel wie z.B. Flossen, Handschuhe, Socken/Strümpfe, Paddles, Schnorchel

verboten (DTU Sportordnung 2013).

Einige Hersteller haben darauf clever geantwortet. Statt kompletter Socken bieten sie Kompressionsstulpen an – sie fallen nicht unter diese Regel und dürfen daher auch schon unter dem Neo getragen werden.

Fazit: So ergibt Kompressionskleidung Sinn

Sich in der Wechselzone in die Kompressions-Textilien zu zwängen scheint wenig angebracht. Das Anziehen dauert einfach viel zu lange, diese Zeit holt der positive Effekt der Kleidung später kaum noch rein. Ganz besonders nicht auf kurzen Triathlons.

Sinnvoll sind die Socken definitiv direkt nach dem Wettkampf – packe sie am besten in den Wärmebeutel für das Ziel und zieh sie bald nach Einlauf an. Dann helfen sie tatsächlich bei der Regeneration. Gerade wenn Du mehrere Kurzdistanzen in den Sommermonaten machst, kann das wirklich ein bisschen Zeit rausholen.

Und natürlich ist alles erlaubt, was Dir ein gutes Gefühl verleiht. Soll heißen: Probiere die Socken ruhig einmal im Training aus. Wenn sie Dir psychisch helfen, dann nimm sie auch mit in den Wettkampf. Wenn es aber ohne sie geht, lass sie weg.

7 Antworten zu “Wann Kompressionskleidung sinnvoll ist”

  1. Michael

    Ich bekomme bei längeren Schwimmeinheiten gelegentlich Wadenkrämpfe.
    Können dagegen solche Kompressionsstulpen (unter dem Neo) helfen? Hat das schonmal jemand ausprobiert?

  2. Stephan (Redaktion)

    Also ich kann nur sagen, dass bei mir die Socken damals Krämpfe nicht verhindert haben. Krämpfe kommen eher von Kälte, Mangel an bestimmten Mikronährstoffen oder simpel Ermüdung. Aber vielleicht wissen andere noch etwas?

  3. Jonas

    Die Wadenkrämpfe bekommst du von zu starker Beinarbeit im Vergleich zum Vortrieb durch den Armzug. Brauchst du so viel Kraft aus den Beinen um deine Schwimmlage sauber zu halten?
    Falls ja, solltest du an einer ruhigeren, aber kräftigen Armzugtechnik arbeiten.

  4. Michael

    Ich bekomme bei längeren Schwimmeinheiten gelegentlich Wadenkrämpfe.
    Können dagegen solche Kompressionsstulpen (unter dem Neo) helfen? Hat das schonmal jemand ausprobiert?

    • Naja das Problem ist, daß der Wadenmuskel wenn er entgegen seiner Natur lange verkürzt gehalten wird wohl eher zum Krampfen neigt. Gerade beim Bahnen Schwimmen reicht dann schon ein kräftiges Abstossen als Auslöser obwohl der Muskel an sich nicht überlastet war (irgendwo gelesen). Ansonnsten hilft bei mir (salzhaltige) Flüssigkeit. Aber Kompressionssocken nach der Trainingseinheit vermindern bei mir ebenfalls die Krampfneigung.

  5. Reto

    @Michael: Ja, das gibt es! Ich trage immer Stulpen von 2XU unter dem Anzug! Du musst jedoch aufpassen, es gibt zwei verschiedene Stulpen, die ähnlich aussehen aber komplett unterschiedlich sind!

    2XU empfiehlt die Calf Guard fürs Wasser, da diese extrem fein sind und schnell trocknen. Die Stulpen sind jedoch nicht rundgestrickt, die Wirkung aus meiner Sicht gering.

    Ich trage die Calf Sleeves, welche deutlich fester sind und echte Kompression ausüben. Hier habe ich die Stulpen bestellt (Schweiz)
    http://www.kompressionsstruempfe.ch/2xu/315-calf-sleeves.html

    Es gibt noch diverse andere Marken (z.B. Skins), welche Stulpen anbieten – alle jedoch aus dünnem Spanndex o.ä.

    Ich hoffe, dass ich dir helfen konnte. Falls du nun bereits Erfahrungen gemacht hast, teile uns diese doch mit!

    Freundliche Grüsse aus der Schweiz
    Reto

  6. Ulla Bornmann

    Helfen denn die Kompressionsstulpen auch bei Venenschwäche, sprich Vorbeugung gegen Krampfadern?

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