Meinung

Medien, stoppt Eure Hetzkampagne gegen Radfahrer!

Auf Deutschlands Straßen ist es gefährlich. Und glaubt man Spiegel online und Co., ist der Schuldige bereits gefunden: Der Radfahrer! Nur eines vergessen die Qualitätsjournalisten in den Artikeln: Fakten! Wir liefern sie ...

„Der Schrecken der Straße“ (Nürnberger Nachrichten), „Radfahrer gegen alle“ (Spiegel online) oder einfach Radlrambos (Google) – die Medien haben ein wunderbares Feindbild gefunden: Den Radfahrer.

Zwei Mehrheiten (Autofahrer, Fußgänger) können sich prima auf eine Minderheit einschießen. Das heißt Visits.

Visits sind gut. Fakten sind nicht gut. Fakten sind zu unaufgeregt. Das bringt keine Visits.

Ich bin Radfahrer – jeder Triathlet ist Radfahrer. Und ich fühle mich durch derartige Volksverhetzung bedroht. Denn die Gefahr ist, dass der sowieso zur Selbstjustiz neigende deutsche Autofahrer sich in seiner Aggression bestärkt fühlt.

Es wird Zeit, dass Fakten sprechen!

Fakten die ganz simple Fragen beantworten. Zum Beispiel diese: Wie viele PKW-Fahrer wurden durch Radfahrer getötet? Und wie viele Radfahrer durch PKW-Fahrer?

Das liest man nämlich nie in den Medien. Die spielen nur mit den gefühlten Zuständen.

Halten wir uns dabei an die Hauptstadt. Denn über das Jahr 2010 gibt es einen schönen Bericht, zu finden hier. Also, was finden wir darin für Fakten? Vielleicht erst einmal das:

In Berlin wurden 2010 insgesamt 130.502 Verkehrsunfälle erfasst – es gibt vermutlich noch eine Dunkelziffer, also nicht gemeldete Unfälle.

Wer nun hat die meisten Unfälle verursacht? Die Radfahrer? Nein.

Zu knapp 85 Prozent waren Unfallverursacher PKW- und LKW-Fahrer.

Noch nicht dabei sind Motorradfahrer, Busse. Straßenbahnen, Sonstige. Ja und die Radl-Rambos?

Radfahrer waren in 3,23 Prozent der Fälle Verursacher.

Fußgänger sind übrigens mit knapp einem Prozent dabei. Die interessante Frage wäre jetzt noch: Wie hoch sind die Anteile am Verkehrsaufkommen insgesamt, und wie sehe das Bild dann anteilig umgerechnet aus? Leider liefert der Bericht hier keine Antwort.

Ich frage mich aber: Bei 85 Prozent Unfallsursache durch Autofahrer – warum lese ich so selten über Auto-Rambos?

Wäre es nicht richtiger das zu thematisieren, liebe Qualitätsjournalisten von Nordbayern.de, AZ, TZ, Spiegel online und Co.?

Aber jetzt wid es interessant: Wie viele Radfahrer in Prozent kamen denn nun um, und wie viele PKW-Fahrer?

Von den Unfalltoten in Berlin waren 13 Prozent Radfahrer, 11 Prozent Autoinsassen.

Nicht verheimlichen möchte ich, dass die Fußgänger mit über 50 Prozent die am schlimmsten betroffene Opfer-Gruppe ist.

Ganz deutlich: Egal bei wem die Schuld liegt, es sterben in den meisten Fällen Fußgängern, dann Motorradfahrer und dann Radfahrer. Aber nicht diejenigen die die meisten Unfälle verursachen: die Autofahrer!

Weiter: Der Bericht geht dann auf sogenannte Risikogruppen ein. Erstaunlich dabei: Eigentlich ist alles eine Risikogruppe außer der normale PKW-Fahrer, der ja die meisten Unfälle verursacht.

Egal. Es geht ja um Radfahrer. Und ja: Auch wir Radfahrer verursachen Unfälle.

Rund 55 Prozent der Unfälle mit Radfahrerbeteiligung wurden vom Radfahrer verursacht oder mitverursacht.

Interessant wäre nun zu wissen, was genau „mitverursacht“ bedeutet. Das erfährt man aus dem Bericht leider nicht.

Nicht viel anders sieht es aber bei den Fußgängern aus: Auch über 50 Prozent verursacht oder mitverursacht. 

Die typischen Opfer der Radlrambos sind also in etwa gleich oft schuld. Auch selten in den Medien erwähnt.

Aber wie nun beim Autofahrer? Wie oft verursacht/mitverursacht? Leider auch hier keine Fakten… das wäre interessant gewesen.

Im Augenblick habe ich noch eine Anfrage beim Presseamt der Stadt München laufen, um an weitere Daten zu kommen. Ich habe jetzt auch detaillierte Daten über München. Die gehen sogar noch tiefer als die in Berlin. Hier muss ich mich mal tiefer einlesen – als Vorschau: Die Zahlen sind in München doch etwas anders.

Fazit: Qualitätsmedien erfüllen ihren Auftrag nicht

Das Bild, dass uns die sogenannten Qualitätsmedien vermitteln ist ein rein emotionales, sie bilden eine gefühlte Situation ab und spielen in verantwortungsloser Weise damit, gießen Öl ins Feuer, um die Gruppen dann im Forum aufeinanderzuhetzen. Das bringt User Generated Content, das bringt Visits!

Die tatsächliche Lage auf den Straßen – untermauert durch Fakten – geben sie nicht wider.

Ich gebe zu: Es ist schwer genug an diese Daten zu kommen – und ich bin weiter dran.

Aber genau das wäre ja Euer Rechercheauftrag, liebe Qualitätsmedien.

Also hört auf zu polarisieren und macht Eure Arbeit. Und zwar ordentlich!

2 Antworten zu “Medien, stoppt Eure Hetzkampagne gegen Radfahrer!”

  1. stephan (Redaktion)

    Da war ich wohl zu kritisch für Spon. Denn im Forum wurden alle meine Beiträge zu dem Thema gelöscht… Emo-Journalismus mag wohl keine Fakten, Spiegel?

  2. stephan (Redaktion)

    Ich bin nicht der Einzige, der Spiegel Vorwürfe macht. Schaut mal hier vorbei:
    Weltraumer.de

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