Nach Sturz oder Gebrauchtkauf

Carbonrahmen des Rennrad prüfen lassen

Endlich kann man seinen Carbon-Renner nach Stürzen untersuchen lassen. Und das kostet gar nicht mal viel Geld. Der Betreiber von Carbon-Bike-Check erklärt die wichtigsten Fakten

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: - (Foto: Carbon Bike Check)

Radrennen – mitten im Pulk, Affentempo. Vorne stürzt einer. Zack! Ich liege auch, und über mir zehn andere. Mein damals nagelneuer Carbonrahmen zeigt danach deutliche Macken. Seitdem fährt das Misstrauen immer mit: Bricht das Carbon vielleicht, wenn ich das Rad stark belaste?

Die meisten Händler winken nur ab: Ein Test? Wie soll das gehen? Zu teuer! Der Zusammenschluss verschiedener Test-Anbieter unter Carbon-Bike-Check.com bietet Untersuchungen ab 50 Euro aufwärts an.

Ich will mehr wissen und spreche mit Webseiten-Betreiber Volker Carl zum Thema Carbonrahmen auf Fehler prüfen.

Kosten: Mit 125 Euro kann man Rahmen und Gabel testen

Triathlon-Tipps.de: Zunächst einmal die Gretchenfrage: Was kostet eine sinnvolle Prüfung meines Rahmens bei Euch?

Volker Carl: Einzelaufnahmen von Teilbereichen starten bei 50 Euro. Den kompletten Rahmen, beziehungsweise die Gabel gibt es für jeweils 75 und zusammen für 125 Euro.

Triathlon-Tipps.de: Ihr seid ein Verbund verschiedener Spezialisten. Wer arbeitet für Euch, und was sind die Spezialgebiete?

Volker Carl: Da wäre einmal T-ZfP Carl IR Messtechnik, wir haben 12 Jahre Erfahrung mit thermographischer zerstörungsfreier Prüfung.

Dann gibt es Velotech, die seit 20 Jahren Fahrräder prüfen und zertifizieren.

Dazu kommt die TPW ROWO Materialprüfung GmbH, die schon seit über 40 Jahren Efahrung beim prüfen von Materialien hat.

Schließlich noch PolyTube Cycles. Sie sind diejenigen, die Kohlefaserreparatur betreiben. Und das schon seit fünf Jahren. 

Test: Das Rennrad wird leicht erhitzt

Triathlon-Tipps.de: Ihr bietet zwei Arten der Thermografie an. In einfachen Worten: Was passiert bei der Thermografie?

Volker Carl: Im Unterschied zur passiven Thermografie, die man etwa benutzt um Häuser zu prüfen, benutzen wir die aktive Thermografie. Heißt: Wir führen dem Prüfgegenstand Wärme zu und messen den daraus resultierenden Wärmestrom in das Material. Fehler im Material oder Änderungen von Materialeigenschaften beeinflussen diesen Wärmestrom und lassen sich durch diverse Algorithmen auswerten.

Es gibt unterschiedliche Arten von Anregungen, zum Beispiel Licht, oder Ultraschall oder Wirbelstrom oder Laserenergie. Die Wärme kann impulsartig oder harmonisch auf die Oberfläche aufgebracht werden.

Triathlon-Tipps.de: Und worin liegt grob der Unterschied zwischen den beiden Arten?

Volker Carl: Die Frage zielt wahrscheinlich auf den Unterschied zwischen harmonischer Lichtanregung mit Halogenlicht und impulsartiger Anregung mit Xenon Blitzlampen. Impulsthermografie ist schneller, sonst gibt es keinen Unterschied.

Triathlon-Tipps.de: Wie hoch ist der Temperaturunterschied am Rahmen? Schadet das dem Rahmen?

Volker Carl: Die Erhöhung der Temperatur am Fahrrad-Rahmen liegt bei etwa fünf bis zehn Grad Celsius – sie schadet dem Material also nicht.

Triathlon-Tipps.de: Daneben gibt es noch weitere Prüf-Möglichkeit bei Euch. Welche und was sind deren Vor- und Nachteile?

Volker Carl: Prinzipiell kann man alle etablierten Prüfverfahren jetzt aufzählen, das würde hier aber den Rahmen sprengen.

Also kurz gesagt: Ultraschallprüfung ist problematisch, da das Material sehr inhomogen sein kann und die Schallwelle gestreut wird oder das Material schlecht durchdringt.

Röntgen bietet immer nur die Ansicht aus der man durchleuchtet. Kleine Risse oder Delaminationen in anderen Orientierungen sieht man nicht.

CT (Computertomografie) ist Röntgen aus vielen Richtungen und schon deutlich besser. Nachteil ist der hohe Aufwand an Zeit und Geld für eine Prüfung.

Ansonsten gibt es noch zerstörende Prüfungen … allerdings ist das Bauteil hinterher nicht mehr brauchbar.

Ergebnis zeigt Zustand des Rahmens oder der Gabel

Triathlon-Tipps.de: Was bekomme ich nach der Untersuchung von Euch?

Volker Carl: Ein aussagekräftiges Messprotokoll mit einer Risikoeinschätzung und einer möglichen Empfehlung des Weitergebrauchs

Triathlon-Tipps.de: Es wird also auch genau interpretiert, was ich bekomme?

Volker Carl: Ja, klar.

Triathlon-Tipps.de: Nun bietet Ihr auch Reparatur-Service an: Wie kann ich sicher sein, dass die Diagnose nicht tendenziell in Richtung Reparatur ausfällt?

Volker Carl: Das kommt ganz auf die Schwere des Schadens an. Liegt er im Bereich des Kraftflusses sollte schon repariert werden. Liegt er dort nicht, empfehle ich eine Wiederholungsmessung nach 500 oder 1.000 Kilometer, um ein Wachstum zu kontrollieren. Nicht jeder Schaden führt zum Ausfall des Bauteils, aber ein Risiko gibt es schon.

Oft kommt die Frage auf, ob ein Umfaller oder ein Unfall zum Schaden führte. Diese Frage kann man eindeutig und klar beantworten. Ist an der betroffenen Stelle keine Auffälligkeit feststellbar, dann hat der Unfall keine Auswirkungen gehabt und der Fall ist klipp und klar beantwortet.

Liegt allerdings eine Schädigung vor, kann man je nach Schadensgrösse und Ort nur von einem Risiko sprechen. Die klare Aussage, ob der Rahmen bricht oder nicht kann keiner treffen.

Aber allein die Aussage „nein, nichts gefunden“ hilft dem Besitzer enorm.

Triathlon-Tipps.de: Wie viele Räder prüft Ihr derzeit etwa am Tag?

Volker Carl: Da die Technik kaum bekannt ist und erst die ersten zarten Werbemaßnahmen getroffen wurden, sind es vier oder fünf Bauteile pro Woche, die so eintreffen.

Triathlon-Tipps.de: Nun kann nicht jeder Laie sein Rennrad zerlegen und schicken. Arbeitet Ihr auch mit Radhändlern zusammen?

Volker Carl: Teilweise ergaben sich Kooperationen, die ich auch unterstütze. Es macht die Prüfung wesentlich einfacher, wenn der Rahmen zerlegt ist. Nur deshalb kann ich es auch preisgünstig anbieten.

Triathlon-Tipps.de: Herr Carl, Danke für die Erklärung.

Mehr Infos unter:
www.carbon-bike-check.com

7 Antworten zu “Carbonrahmen des Rennrad prüfen lassen”

  1. Gerold Klotz-Engmann

    Mein Carbon -Rennrad war während eines Kellerbrandes höheren Temperaturen ausgesetzt. Können Sie prüfen, ob der Carbon-Rahmen dadurch einen Materialschaden genommen hat? Gibt es dazu Erfahrungswerte?

  2. Ulrich Junkes

    Guten Tag,

    Ich habe ein gebrauchtes Cube Carbon Rennrad, 2,5 Jahre alt gekauft, und habe leider erst im nachhinein einen Riss in der hinteren Gabel gesehen.

    Da der Verkäufer (Rennrad Fahrer im Verein) mir das Rad mit guten Gefühl verkauft hat, hab ich mir das Rad wohl zu Oberflächig angeschaut…, jetzt steht Aussage gegen Aussage…
    Mich würde interessieren, ob man den Rahmen auf Tauglichkeit prüfen kann bzw. ob man das Alter des Risses bewerten kann…

    Für Ihre Unterstützung im Voraus vielen Dank!

    Viele Grüße

    Ulrich Junkes

  3. Wilhelm Scharf

    Hallo, ein größerer Mercedes Van nahm mir heute mit meinem perfekt erhaltenen unbeschädigten 2015 neu gekauften Carbon Rennrad Cannondale Synapse die Vorfahrt: Wir standen 40 Sekunden uns gegenüber, warteten bis der Verkehr weg war, er als Linksabbieger ließ mich nicht vorbei, er beschleunigte von null voll und fuhr mir rein und bremste plötzlich. Ich war nur 80 cm gefahren. Der Aufprall war heftig, aber man sieht beim rad und mir nicht viel. Die Polizei hielt den Regelverstoß des anderen nur für „fahrlässig“ und stellte eine 8 in meinem Vorderrad fest. Soll ich das Rad erst begutachten lassen und dann den Carbonrahmen diagnostizieren lassen? Wie soll ich vorgehen?
    fragt Wilhelm aus Berlin

    • Stephan Goldmann

      Hallo,

      erstmal: Was für ein Erlebnis und Glück gehabt, dass dem eigenen Körper wohl nicht viel passiert ist.
      Ich bin kein Experte, was Carbon angeht. Was ich allerdings bin: ängstlich beim Material. Ich würde tatsächlich das Rad beim Fachhändler ansehen lassen. Wenn er sich unsicher ist, was das Carbon angeht, würde ich das Rad auch untersuchen lassen. Die Kosten trägt dann hoffentlich die Versicherung des Unfall Gegners?

      Viele grüße und alles Gute

      Stephan

  4. Andrea Schütz

    Hallo, ich hätte dazu auch eine Frage. Mein Rad ist vom fahrenden Auto, mit ca. 100km/h runtergeflogen. Es ist nichts sichtbares kaputt, Lenker etwas eingedrückt, sonst gunktioniert alles. Empfiehlt es sich das Rad durchchecken zu lassen?
    Danke
    Andrea

    • Stephan Goldmann

      Ich bin kein Fachmann für Unfallschäden oder Materialermüdung. Aber wenn Du mir die Frage persönlich stellst, ob ich es nach dem Unfall prüfen lassen würde, würde meine Antwort lauten: Ja.

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