Meinung

Zielsprints sind unfair

Muss das sein? Auf dem Zielstrich überspurtet einen noch der Hintermann. Ich bin gegen diese Unsitte. Hier meine Gründe

Ende
Ende: Der Zielbogen eines Rennens - (Foto: ©iStock.com/nchero)

Bäh, jetzt jammert der da rum, ist ein schlechter Verlierer, oder?

Der Punkt ist: Ich bin weder Verlierer eines Rennens, noch der Gewinner. Und eben das lässt mich zu dem Schluss kommen, dass Zielsprints komplett überflüssig und ärgerlich sind. Warum?

Fakt ist: 99 Prozent aller Teilnehmer eines Wettkampfes haben nichts mit dem Siegertreppchen am Hut. Bei denen geht es um Platz 668 oder ähnlich. Was bringt dann ein Zielsprint?

Jetzt kann man einwenden: Wenn es also nicht um das Siegen geht und die Zielzeit sich doch eh nicht groß verändert, warum kann man dann den Zielsprint nicht einfach hinnehmen?

Alles endet am Zielstrich

Für sehr viele Hobby-Athleten geht es im Wettkampf um den Kampf mit sich selbst, um das Überwinden der eigenen physischen Grenzen, um das Beenden einer Trainingssaison. Alles spitzt sich auf diesen einen glücklichen Moment zu, den Augenblick, in dem der Athlet es geschafft hat, die Anspannung von ihm abfällt und er einfach nur seinen persönlichen Triumph genießt – dabei ist das ganz egal, ob ein Anfänger den ersten Volkstriathlon beendet oder ein erfahrener Athlet den zehnten Ironman.

Das Überqueren des Zielstrichs ist eine heilige Zeit für den Athleten.

Jetzt noch vorbeizuziehen heißt, dem anderen Athleten diesen Augenblick nicht zu gönnen. Sich auf dem Zielfoto noch vorzudrängeln, während der andere verdutzt dreinschaut. Da kann man dann am besten gleich noch ein „HA-HA!“ hinschmettern. „Ellabätsch, Du hast mich nicht bemerkt! Ich hab Dich noch!“ – Tolle Wurst.

An den Zielzeiten haben sich höchstens ein paar Sekunden geändert, aber man hat noch jemanden dann Tag versaut.

Klar gibt es Ausnahmen

Wenn vor einem die Läufer trödeln und einen Aufhalten, oder wenn man sich noch weit vor dem Ziel befindet, oder man sich offenen Visiers mit einem anderen schon die ganze Zeit duelliert hat, oder man in der Bundesliga startet – dann ist das eine andere Sache. Mir geht es hier nur um diesen einen Moment, der ganz dem Amateur-Triathleten gehören sollte.

Also, fünf Meter vor dem Zielstrich: Das ist heiliger Boden, da kann man dem Vordermann doch seinen Augenblick gönnen.

Oder wie seht Ihr das?

14 Antworten zu “Zielsprints sind unfair”

  1. Andreas

    Das Rennen endet erst auf der Ziellinie!

  2. Stephan (Redaktion)

    @Andreas, Du würdest also noch überholen?

  3. David

    wird da nicht das Age Group Ranking vergessen?

  4. Stephan (Redaktion)

    Ändert das Age-Group-Ranking etwas an der Tatsache? Sicher, wenn ich weiß, ich kann es gewinnen und der vor mir ist meine Altersklasse, dann gib ihm … was ich aber sage, ist: Die meisten Athleten haben damit nichts am Hut. Deren Motivation ist eine andere.

  5. Christian

    Wer ins Ziel sprintet hat vorher nicht alles gegeben ;). Bin deiner Meinung, wenn es um nichts geht…wie so oft.

  6. Martin

    Es gibt auch Teilnehmer, die ihre eigene Bestzeit unterbieten oder eine bestimmte Zeit schaffen wollen. Ich wollte z.B. letzten Sonntag am Chiemsee (Mitteldistanz) unbedingt noch unter 5 h ankommen, und das ging am Schluss eben nur mit Zielsprint (4:59:56).

  7. Holger

    Grundsätzlich sollte jeder seinen Wettkampf machen dürfen, also wenn man will auch mit Zielsprint. Mir ist ein schönes Zielfoto aber auch lieber als 1 Sekunde schneller zu sein. Deshalb mein Tipp, auf der Zielgeraden die Situation für das Zielfoto abchecken, „Zielsprinter“ vorbeiziehen lassen oder rechtzeitig abhängen. Falls euch jemand trotzdem zwei Meter vor dem Ziel überholt einfach mal im Hintergrund eine fette Grimasse schneiden (gilt natürlich nur für die „Ellabätsch-Kandidaten“, kurz abwarten, bis der andere aus dem Bild ist und sich dann in Siegerpose beim Überqueren der Ziellinie fotografieren lassen.

  8. Stephan (Redaktion)

    @Holger – Guter Tipp 🙂

  9. Gerd

    Angenommen Zielsprints wären unfair. Ab wieviel Meter vor dem Ziel ändert sich die Situation und es wird wieder fair, 20m, 50m, 100m?

    Anderer Gedanke: Eines der wichtigsten Ziele ist „Ankommen“. Um es zu erreichen muss man mit seiner Kraft haushalten. Wenn man nun nicht gerade ein erfahrener Triathlet ist kann ein zu schnelles Angehen zum Rennabbruch führen. Also lieber anfangs etwas langsamer angehen und die Energie für das Ende aufheben. Zum Schluss kann man dann noch ausloten was noch geht und seine persönlichen Grenzen kennenlernen. Ich meine nicht auf den letzten 5 m sondern die letzten 100-200m.

  10. Peter

    Ich mache immer mein eigenes Rennen, für mich zählt in erster Linie die Zeit, die hinter meinem Namen steht… D.h. wenn ich noch ein paar Körner übrig habe, mache ich auch einen Zielsprint, denn dabei geht es mir nicht darum, jemanden hinterlistig zu überholen sondern darum, meine bestmöglichste Leistung zu bringen!

  11. janky-online

    Liebe Leute, es handelt sich um ein Rennen. Und aus welchem Grund auch immer jemand noch gern einen Platz weiter vorne sein will – das ist legitim. Das ist sogar Sinn und Zweck der Veranstaltung. Und davon, dass man unbedingt den Vordermann noch kriegen will, lebt die Veranstaltung. Und für diejenigen, denen die Ziellinie das Wichtigste ist, muss es in der Logik obiger Argumentation völlig irrelevant sein, ob noch jemand vorbei zieht, denn es geht ja nur um den Kampf mit sich selbst und den eigenen Zielen. Ich kämpfe auch immer nur mit mir selbst. Und ich versuche immer so auf die Strecken zu gehen, dass ich am Ende noch Reserven hab (weil ich erstmal „finishen“ will). Und wenn die Reserven noch da sind, dann werden sie auch aktiviert… Mahlzeit

  12. Stefan

    Jeder kämpft für sich und seine Ziele, wenn also jemand Spaß daran hat seinen Vordermann zu überholen, sei es auf der Ziellinie oder vorher, dann soll er das tun. Andere zu überholen bedeutet besser zu sein, bzw. schneller, das ist doch Motivation Pur! Deswegen machts ja manchen so viel Spaß. Wenn primär die Interesse besteht ein tolles Einlauffoto zu erhaschen, oder den Augenblick des Zieleinlaufes zu genießen, kann man sich doch kurz vor dem Ziel umsehen, ob da noch einer kommt, wenn ja, lässt man ihn vorbei und läuft dann ein 🙂

  13. Marc

    … es ist doch jedem seine Sache .. wenn einer nicht will dass er überholt wird – dann soll er eben warten bis der letzte im Ziel ist dann kann er geniessen so viel er will.
    Sonst muss er sich auch nicht für einen Triathlon-Wettkampf anmelden weil er dann ebenso für sich 3,8 km schwimmen kann 180 km radfahren und wenn er will dann noch einen marathon laufen…
    Wenn man sich anmeldet muss man sich im Klaren sein, dass jeder seine eigenen Ziele hat und versuchen wird diese zu erreichen und es ist doch sehr egoistisch zu meinen ein andere muss warten bis er seinen Zielmoment genossen hat…. vielleicht geniesst einer eine Stunde lang… müssen dann alle solange warten?
    Das Zufriedenheitsgefühl sollte sich auch einstellen wenn man angekommen ist und auch wenn man noch kurz vor dem Ziel überholt wird…. schönen Gruss und viel Spass damit eine gewisse Selbstzufriedenheit zu finden…. wo auch immer…. aber vielleicht auch nicht unbedingt auf kosten anderer….

  14. Mark

    Ich nehme an, dass dies dem Autor des Artikels so passiert ist – auf dem letzten Meter wurde er noch überholt (und hat sich geärgert). Ich habe auch schon öfters auf den letzten 100 m andere Läufer überholt, nicht weil ich schneller wurde, sondern weil diese im Angesicht des Ziels langsamer wurden und ehrlich gesagt war ich nahe der Ziellinie meist so am Ende meiner Leistungfähigkeit, dass ich mir wenig Gedanken um die psychischen Befindlichkeiten der anderen Teilnehmer machen konnte. Letztendlich ist auch Triathlon ein Wettkampfsport und keine Wanderveranstaltung und wer das nicht möchte, ist hier falsch.

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