Endlich wieder Sport! Für die meisten Triathleten neigt sich die Off-Season ihrem Ende zu, einige haben vielleicht bereits mit regelmäßigem Schwimm-, Rad- und Lauf-Training begonnen. Gerade weil am Saisonanfang die Motivation noch hoch ist, die Trainingsumfänge aber vergleichsweise gering sein sollten, um den Körper nach der Pause nicht zu überfordern, ist es wichtig, sich einen strukturierten Plan zu erstellen oder von einem erfahrenen Trainer erstellen zu lassen. Ein solcher Plan sollte zum Fitnessstand und dem Zeitbudget des jeweiligen Athleten passen. Daher ist es sinnvoll sich vor dem Wiedereinstieg ein paar Gedanken über die bevorstehende Saison zu machen, Wettkämpfe auszusuchen, Phasen mit viel und wenig Zeit fürs Training mit Familie, Freunden und Job abzugleichen und daraus realistische Ziele zu definieren.
Suche Dir realistische Ziele
Es ist schwierig pauschal zu beantworten, wie man die individuell richtigen Ziele setzt, da dabei viele persönliche Faktoren eine Rolle spielen. Immer gilt jedoch: den gesunden Menschenverstand einsetzen. Training und Wettkampf sollten Spaß machen und nicht in Stress und Zwang ausarten. Das gelingt nur, wenn sich beides in den Alltag integrieren lässt und ihn nicht diktiert. Außerdem sollten die Ziele realistisch ein. Sucht man sich beispielsweise ohne jegliche Triathlon- oder Sporterfahrung gleich eine Mitteldistanz aus, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Unterfangen in Überforderung, Frust und schlimmstenfalls mit einer Verletzung endet. Ebenso, wenn man nach dem ersten Marathonfinish in diesem Jahr gleich eine Langdistanz im nächsten Jahr in Angriff nehmen möchte. So etwas bedarf jahrelanger Vorbereitung und Konsequenz, denn der Muskel- und Sehnenapparat braucht Zeit, um sich an die entsprechenden Belastungen zu gewöhnen.
Der aktuelle Leistungsstand beim Saisoneinstieg
„Als Triathloneinsteiger sollte man sich Gedanken über seine aktuelle sportliche Verfassung machen und die geplante Triathlondistanz an den bisherigen sportlichen Aktivitäten ausrichten“, empfiehlt Heike Priess, hauptberufliche Triathlon-Trainerin bei Personal-Triathlon-Training und ehemalige Langdistanzathletin mit einer Bestzeit von 9:40 Stunden. Das heißt, ehrlich auf Fragen zu antworten wie: Wie viel Zeit fürs Training habe ich bisher investiert und wie viel kann ich realistisch aufwenden? Welche Ausdauersporterfahrung habe ich?Wie lange habe ich noch Zeit bis zum Wunschwettkampf? Wie fit bin ich derzeit? Empfehlenswert ist es, all dies mit einem erfahrenen Coach zu klären. Er weiß, welche Fragen er stellen muss und mit welchen Tests sich der aktuelle Leistungsstand ermitteln lässt.
Einen allgemeinen Plan an deine individuellen Bedürfnisse anpassen? Wir zeigen dir wie es geht
Der richtige Trainingsplan für Leistungssteigerung
Hat man bereits Triathlonerfahrung und möchte nun schneller werden oder die Distanz steigern, kann man sein Fitnessniveau und die Steigerungsmöglichkeiten anhand der bisherigen Ergebnisse, dem absolvierten Trainingspensum oder leistungsdiagnostischer Untersuchungen bestimmen, so Priess. Letztere können entweder als praktische Tests innerhalb einer Schwimm- (z. B. 400-Meter-Test), Rad- (z. B. 20-Minuten-Tempotest) oder Laufeinheit (z. B. Pulsfrequenz beim Laufen eines 1-km-Abschnitts in verschiedenen Geschwindigkeiten) absolviert werden oder im Labor eines Leistungsdiagnostik-Anbieters. Erstere haben den Vorteil, dass sie selbstständig gemacht werden können und nichts kosten, Letztere sind allerdings deutlich genauer. Besonders für Triathleten, die schon auf einem guten Level sind, ist eine möglichst detaillierte Leistungsbestimmung wichtig, da nur so die Fitness gesteigert werden kann ohne das Verletzungsrisiko zu erhöhen, so Heike Priess.
Folgende Gedanken sollten bei der Saisonplanung eine Rolle spielen:
- Was ist das Hauptziel der kommenden Saison und was ist nötig, um dieses Ziel zu erreichen? Eine Langdistanz erfordert andere Umfänge als eine olympische Distanz, ein Wettkampf mit vielen Höhenmetern ein anderes Training als ein flacher Kurs, ein einzelner Wettkampfhöhepunkt eine andere Periodisierung als eine Ligasaison, etc.
- Können die erforderlichen Umfänge zeitlich umgesetzt werden?
- Hat man in jeder Disziplin die technischen Voraussetzungen, um das Ziel zu erreichen? (Stichwort: Kraulschwimmen)
- Ist das nötige Wissen vorhanden, um das Training zu gestalten oder benötige ich einen Trainer?
- Möchte man alles alleine trainieren oder suche ich nach einer Trainingsgruppe, einem Verein?
Außerdem sollten auch private Faktoren bedacht werden, die die Trainingsgestaltung beeinflussen können (und werden):
- Lässt sich das notwendige Training in den beruflichen Alltag integrieren?
- Bleibt neben dem Training genug Zeit für die Familie und Freunde?
- Ist man komplett gesund und belastbar oder unterliegt das Training gewissen Einschränkungen?
- Wie viel Geld kann und will man in sein Hobby investieren?
Periodisierung
Darüber hinaus sollte man alle wichtigen Meilensteine des Trainings bereits zu Beginn der Saison so genau wie möglich festlegen, da jeder Wettkampf und jedes Trainingslager, inklusive der Zeit für Vor- und Nachbereitung, Einfluss auf das vorausgehende Training hat, weiß Heike Priess. So muss vor und nach Rennen eine etwas lockerere Trainingsphase eingeplant werden, um frisch in den Wettkampf zu gehen und danach ausreichend zu regenerieren. Auch nach einem Aufenthalt im Trainingscamp müssen danach die Umfänge so koordiniert werden, dass das konzentrierte Training optimal wirken kann. Zudem hat diese Jahresplanung, die sogenannte Periodisierung, zum Ziel, die jeweiligen Phasen des Trainings zeitlich so einzuordnen, dass bei Erreichen des jeweiligen Meilensteines die erforderliche Fähigkeit, zum Beispiel eine solide Grundlagenausdauer, ausreichend vorhanden ist.
Enthusiasmus ist gut, Realismus ist besser
„Das wohl wichtigste Kriterium ist Zeit und damit der Umfang des Trainings, den der Plan vorsieht“, erklärt Heike Priess. Man sollte nämlich nicht einfach willkürlich anfangen zu kürzen, wenn man nach einem Standardplan trainiert und merkt, dass man die zeitlichen Vorgaben nicht erfüllen kann. „Damit läuft man Gefahr, das Ziel des Planes zu verfehlen“, weiß die Trainerin. Ein professioneller Trainingsplan ist so aufgebaut, dass jede Einheit ein bestimmtes Ziel verfolgt, das den Körper auf das große Haupt- und die Etappenziele vorbereitet. Einfach wegzulassen wäre so, wie beim Hausbau immer mal wieder einen Ziegel wegzulassen. Die Wand steht zwar, aber sehr wackelig. Übertragen auf den Sport bedeutet das: erhöhtes Risiko, die Körpersysteme zu überfordern, sich zu überlasten oder zu verletzen.
Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der wöchentliche Ablauf. Wenn man die Reihenfolge der Einheiten stark abändern muss, läuft man ebenfalls Gefahr, die Grundidee des Planes zu verfehlen.
Und auch der Spaß am Training sollte erhalten bleiben. Wenn es immer wieder Einheiten gibt, die man nur mit Widerwillen absolviert, ist es vermutlich auch nicht der richtige Plan.
Manchmal liegt es aber gar nicht in erster Linie am Plan, wenn es holpert, sondern an der übermäßigen Motivation des Athleten. „Oft wird zu früh zu viel und zu spezifisch trainiert oder die Umfänge zu schnell gesteigert“, berichtet Heike Priess aus Erfahrung. Gerade zu Beginn ist es in Ordnung und gewollt, dass sich Vieles noch (zu) leicht anfühlt. Auf seinen Körper zu hören und die Trainingsbremse zu treten, wenn er entsprechende Signale sendet, ist ein wesentlicher Bestandteil – sowohl in der Planung (Ist-Zustand) als auch kontinuierlich im Training. Dann sollte einer erfolgreichen Saison und dem Erreichen der individuellen Ziele eigentlich nichts im Weg stehen. Gut geplant ist eben auch im Triathlon halb gewonnen.