Herz und Kreislauf

Das Herz des Triathleten – wie stark ist es?

Ein Trainingskollege hatte neulich einen Herzinfarkt, ein weiterer hat nach Herzaussetzern nun einen Schrittmacher. Da feixen die Nicht-Sportler: "Sport ist Mord!" - Haben sie am Ende Recht? Ich frage Dr. Maria Burger, Herzspezialistin.

Starkes Herz
Starkes Herz: Ist unser Sport gefährlich oder förderlich für das Herz? - (Foto: © Athanasia Nomikou - Fotolia.com)

Triathlon-Tipps: Hallo Dr. Burger. Um gleich auf meine größte Sorge zu sprechen zu kommen: Kann Sport und speziell unser Sport – der Triathlon – einen Herzinfarkt verursachen?

Dr. Burger: Ja und leider gibt es einen recht aktuellen Fall. Im September dieses Jahres schrieb die Leipziger Volkszeitung: „Obduktion abgeschlossen – Triathlet Tittel starb an Herzinfarkt“. Das war bei der Crosstriathlon-Europameisterschaften in Strobl.

Es ist tatsächlich so: Das Risiko während eines Wettkampfs einen Herztod zu erleiden ist erhöht. Und beim Triathlon ist es sogar fast dreimal so hoch wie beim Marathon. Statistisch kommen bei 100.000 Teilnehmern jeweils zwei Fälle im Triathlon, aber nur 0,8 beim Marathon vor. (Quelle: http://www.medicalsportsnetwork.de/archive/928067/Ploetzlicher-Herztod-im-
Triathlon.html
)

Über Dr. med. Maria F. Burger:

Maria Burger ist Jahrgang 1953 und Fachärztin für Innere Medizin, mit der Zusatzbezeichnung Sportmedizin, Rehabilitationswesen und Fachkunde Echokardiographie. Seit 2001 ist sie als Internistin schwerpunktmäßig angiologisch kardiologisch in einer Gemeinschaftspraxis tätig, das heißt im Bereich des Herzkreislauf-Systems. Sie wird als Untersucher vom deutschen Sportbund empfohlen (Kassenzulassung kommt über die Gemeinschaftspraxis).
Außerdem nimmt Dr. Burger seit 1997 an Altersklassen-Wettkämpfen im Laufen teil und hat über zehn Marathons absolviert, darunter den Swiss Alpin Marathon und den Jungfraumarathon. Seit 2010 startet sie auch bei Volkstriathlons.

Es gibt weitere Hinweise darauf. In Deutschland wurde eine Register für die genaue Erfassung des plötzlichen Herztodes beim Sport 2012 initiiert. Darin sind die Sportarten mit den häufigsten Herztodfällen Triathlon – da kommt es vor allem beim Schwimmen vor –, Basketball und American Football.

Wobei man natürlich diskutieren kann: Sind Wettkämpfe Ursache oder nur Auslöser der Todesfälle bei entsprechenden Vorerkrankungen? Darum ist die häufig angeratene medizinische Abklärung wirklich sehr empfehlenswert, insbesondere wenn in einer Sportart die Teilnahme an Wettkämpfen geplant ist.

Triathlon-Tipps: Das klingt ja ernst. Wie wirkt sich denn Ausdauersport grundsätzlich im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems aus?

Dr. Burger: Regelmäßiges Ausdauertraining hat einen potentiellen Nutzen für die Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren. Die Arbeit “Der Stellenwert körperlicher Aktivität in der Primärprävention” (von Schmid P. et al. Journal für Kardiologie 2003 10(12) 548-553) zeigt: Je größer die körperliche Leistungsfähigkeit eines Probanden, sowohl bei Gesunden als auch bei Patienten mit Herzkranzgefäßerkrankung, desto geringer ist das relative Mortalitätsrisiko also das Risiko vorzeitig an einem Herzinfarkt zu sterben.

Das heißt also: Entsprechendes regelmäßiges Training um einen möglichst hohen Fitness-Level zu erreichen ist sinnvoll.

Allerdings gibt es keinen linearen Zusammenhang zwischen Trainingsaufwand und Mortalitätsrisiko: Hier zeigt sich eine U-Kurve. Die geringste Rate an Herzinfarkten trat zum Beispiel in der Gruppe mit einem zusätzlich durch Sport erzielten Kalorienverbrauch von 2.000 bis 2.999 Kalorien pro Woche auf, während die Gruppe mit einem Verbrauch von mehr als 4.000 Kalorien pro Woche das gleiche Risiko hatte wie die Gruppe die nur etwa 1.000 Kalorien pro Woche verbrauchte.

Triathlon-Tipps: Also die goldene Mitte suchen. Aber für eine Langdistanz muss man viel trainieren. Ist eine Langdistanz noch gesund für das Herz?

Dr. Burger: Laut Herzzentrum Leipzig, Klinik für Rhythmologie (Dt. Zeitschrift für Sportmedizin Jahrgang 61, Nr. 9 (2010)) ließ sich in einer Vielzahl von Untersuchungen ein Zusammenhang zwischen intensivem Ausdauertraining – vor allem bei Männern – und dem vermehrten Auftreten von Vorhofflimmern – Herzrhythmusstörung, die mit erhöhtem Schlaganfall Risiko einhergeht – darstellen.

Laut Professor Lewalter Rhythmologe Isar Klinik München wurde in einer kürzlich veröffentlichten Studie der Europäischen Fachgesellschaft für Kardiologie (ESC) gezeigt, dass Ausdauersportler, insbesondere Marathonläufer und Skilangläufer, im Vergleich zur Normalbevölkerung ein deutlich erhöhtes Risiko haben an Vorhofflimmern zu erkranken. Konkret sind es 12,8 Prozent bei den Sportlern im Vergleich zu 0,5 Prozent bei der Normalbevölkerung. Dieses Ergebnis sei durchaus auch auf andere Extremsportarten übertragbar.

Bisherige Studien an Marathon- und Ultraläufern konnten sehr wohl „negative Effekte auf’s Herz“ unmittelbar nach dem Wettkampf nachweisen, wobei sich die gut trainierten Läufer aber innerhalb kurzer Zeit ohne zurückbleibende Defekte davon wieder erholten.

Triathlon-Tipps: Man hört oft davon, dass Spitzensportler abtrainieren müssen. Kann dem Herzen eines Hobby-Triathleten etwas passieren, wenn er nach einem Langdistanztraining plötzlich komplett aufhört zu trainieren? Muss ein Hobbyathlet auch abtrainieren?

Dr. Burger: Auch bei recht ambitionierten Hobbysportlern kommt das sogenannte Sportherz extrem selten vor. Wenn ein vergrößertes Herz beobachtet wird, hat das in der Regel krankhafte Gründe. Zum Stellenwert des Abtrainierens gibt es wenig harte Daten. Es geht ja in erster Linie um die Gewöhnung des vegetativen Nervensystems an eine neue Situation.

Triathlon-Tipps: Ist eine der drei Disziplinen eigentlich besonders gut geeignet, um das Herz-Kreislauf-System zu stärken?

Dr. Burger: Jede Ausdauersportart ist zum Training des Herz-Kreislaufsystems geeignet. Die Kombination verschiedener Disziplinen ist aus orthopädischen und neurologisch-psychologischen Gründen günstig. Das heißt weniger Überlastungsschäden, mehr Koordinationsschulung, mehr Bewegungsmuster und so weiter.

Triathlon-Tipps: Gibt es besondere Nahrungsmittel, die das Herz des Triathleten bei der Belastung unterstützen?

Dr. Burger: Nein. Prinzipiell ist eine ausgewogene Mischkost mit Berücksichtigung individueller Verträglichkeiten, angepasst an den jeweiligen Energiebedarf völlig ausreichend. Eine Mischung wäre 15 Prozent Proteine, 28 Prozent vor allem pflanzlichen Fette und 57 Prozent Kohlenhydrate.

Triathlon-Tipps: Sie sind selbst Hobby-Triathletin. Was würden Sie im Bezug auf das Herz nie im Sport tun?

Dr. Burger: Kein Wettkampf bei Fieber oder erst kürzlich durchgemachtem fieberhaften Infekt. Grundsätzlich auch nicht, wenn am Vortag Alkohol getrunken wurde oder bei extremen Wetterlagen.

Triathlon-Tipps: Dr. Burger, herzlichen Dank für das Interview.

Hinterlasse eine Antwort

XHTML: Sie können diese Tags verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>