Wettkampfanalyse im Triathlon: so geht‘s

Ein Triathlon-Wettkampf ist nicht hinter der Ziellinie zu Ende. Wer sich verbessern möchte, der analysiert sein Rennen. Triathlon Coach Sebastian Rosenkranz verrät, wie Du Dein Rennen analysierst und am Ende die richtigen Schlüsse daraus ziehen kannst.


Es gibt Athleten, denen geht es in erster Linie darum, bei Wettkämpfen Spaß zu haben: Pumpe verloren? Pech. Beim Laufen eingebrochen? Doof, aber ins Ziel gekommen. Für Triathleten, die sich Ziele setzen wie eine neue persönliche Bestzeit, einen schnelleren Radsplit oder eine Hawaii-Quali, ist eine Wettkampfanalyse unerlässlich. Sie ist ein wichtiges Instrument, um gesetzte Ziele zu erreichen, um schneller und besser zu werden. Denn ambitionierte Ziele erreicht man nicht auf gut Glück.

Warum überhaupt eine Wettkampfanalyse im Triathlon?

„Normalerweise haben Athleten mit einem bestimmten Ziel vorher auch einen Plan, wie sie das Rennen gestalten möchten. Ich nenne ihn Matchplan. Bei der Wettkampfanalyse wird dieser Plan mit dem realen Verlauf abgeglichen“, fasst Triathlon-Coach Sebastian Rosenkranz von „JES! Die Bewegungsschmiede“ (bewegungsschmiede.de) in Hamburg das Basisprinzip einer solchen Rennrückschau zusammen.

Dabei stößt ein Athlet während eines Wettkampfes auf verschiedene Umstände, die er entweder aktiv beeinflussen kann oder auf die er lediglich reagieren kann. Es sei wichtig, so Rosenkranz, sich beide Umstände anzuschauen, denn beide haben einen Nutzen: „Dinge zu optimieren, die man beeinflussen kann, hilft konkret, schneller und damit besser zu werden. Faktoren zu kennen, die eintreten können und einen Plan zu haben, wie man darauf reagiert, gibt Sicherheit und Routine“, erklärt der Trainingsexperte.

Zu erster Kategorie gehören beispielsweise Dinge wie zu schnelles Loslaufen nach dem Radfahren, die Wettkampfverpflegung nicht im Training getestet zu haben, oder mit einem neuen Neo ins Wasser zu springen, den man bisher lediglich bei kürzeren Freiwassertrainings getragen hat. Hier dient die Analyse dem künftigen strategischen Vorgehen. In die zweite Kategorie gehören Wetterbedingungen (Regen, Kälte, Hitze), Raddefekte oder der Verlust der Brille durch den (unabsichtlichen) Schlag eines Mitschwimmers, auf die man keinen Einfluss hat. Hier geht es bei der Rückschau um Taktik für zukünftige Rennen.

Wie macht man eine Wettkampfanalyse im Triathlon?

Coach Sebastian Rosenkranz rät, eine Wettkampfanalyse auf drei Ebenen durchzuführen:

  1. Faktisch: Hierzu gehören die objektiven Zahlen der GPS-Uhr, des Herzfrequenz- und Wattmessers.
  2. Mental: Wie gut konnte ich mich fokussieren? Ist es gelungen, äußere Einflüsse außen vorzulassen? Wie bin ich mit Tiefpunkten umgegangen?
  3. Emotional: Wie hat der Wettkampf auf mich gewirkt? Worüber habe ich mich gefreut und was hat mich gepusht? Was Schwierigkeiten gemacht?

Für den Part mit den Fakten kann man sich ein paar Wochen Zeit lassen – „Die Zahlen laufen ja nicht weg“, so Sebastian Rosenkranz. Den mentalen und emotionalen Part sollte man in zwei Stufen aufteilen:

(a) unmittelbar nach dem Wettkampf

(b) über den Verlauf von zwei bis vier Wochen.

„Direkt nach dem Rennen ist alles sehr präsent, auch Details bei Abläufen. Bei wichtigen Rennen, auf die man sich lange und intensiv vorbereitet hat, kommen einem erfahrungsgemäß erst mit ein paar Tagen Abstand Situationen und Szenen in den Sinn, an die man in der Euphorie oder dem Frust nach dem Zieleinlauf nicht gedacht hat“, erläutert der Hamburger Triathlon-Coach. Das kann zum Beispiel das Kind auf der Hälfte der Laufstrecke sein, das die Hand zum Abklatschen hingestreckt hat und einem dadurch einen Freudenmoment und neuen Antrieb geschenkt hat. Alles, was einem einfällt, sollte man entweder spontan aufs Smartphone sprechen oder aufschreiben.

Wettkampfanalyse: 3 Schritte

Alle drei Komponenten durchlaufen zunächst eine Soll-Ist-Analyse: Warum hat etwas nicht oder gut geklappt? Waren äußere Einflüsse schuld? Wie ging es anderen Athleten auf dem gleichen Streckenabschnitt? Anschließend eine Bedingungsbeschreibung: Waren die Bedingungen so wie ich sie im Matchplan erwartet hatte, was war anders? Wie habe ich darauf reagiert?. Zum Schluss werden Gespräche geführt: Mit anderen Athleten (z. B. aus dem Verein), mit Freunden, Bekannten und dem Trainer. Diese dienen dazu, ein Bild davon zu bekommen, wie man von außen wahrgenommen wurde: war man sehr in sich gekehrt oder hat man sich so sehr mit den Zuschauern oder Mitstreitern beschäftigt, dass der Fokus aufs eigene Rennen verloren ging? Wirkte man übermäßig nervös, fahrig? Die Wahrnehmung anderer hilft, sich selbst zu reflektieren und Verhaltensweisen zu identifizieren, die einem selbst vielleicht gar nicht aufgefallen sind.

Nicht ausschlaggebend hingegen ist die tatsächliche Finisherzeit: „Je leistungsorientierter man ist und je strategischer man sich auf ein Rennen vorbereitet hat, desto wichtiger ist die Zeit für einen persönlich. Aber im Endeffekt ist sie nur das Ergebnis von dem, was vorher gut oder schlecht gelaufen ist“, sagt Sebastian Rosenkranz. „Schließlich gibt es kein Rennen, das genau so läuft wie geplant. Gelingt es aber, auf Unvorhergesehenes gut zu reagieren, kann es ein perfektes Rennen sein, obwohl es vielleicht keine Bestzeit war.“ Es ist also deutlich wichtiger, die Dinge zu analysieren, die zu einem bestimmten Ergebnis geführt haben, als die Finisherzeit als solche.

Konsequenzen aus der Wettkampfanalyse ziehen

Abschließend trainiert man das, was nicht optimal gelaufen ist, um es beim nächsten Mal besser zu machen. „Wenn die Analyse sauber gemacht wurde, beinhaltet sie auch gleich die Lösung“, erklärt Sebastian Rosenkranz. Soll heißen: wenn man erkannt hat, dass man zu schnell losgelaufen ist und dass man es getan hat, weil man nicht auf die Uhr geschaut hat, trainiert man den bewussten und regelmäßigen Blick aufs Handgelenk und versucht ein Gefühl fürs richtige Tempo zu bekommen. Hat man seine Flasche verloren, weil sie aus dem Halter gefallen ist, fixiert man sie künftig mit einem Gummi- oder Klebeband.

Auch Pannenfälle kann man üben – und zwar mental wie praktisch: „Einer meiner Athleten hat für sich klar festgelegt, dass er aussteigt, wenn er einen Raddefekt hat. Er nimmt nicht einmal Flick- oder Werkzeug mit auf die Strecke. Das ist zwar schade, aber für ihn ein klarer Sachverhalt“, erläutert der Triathlon-Coach. Die Alternative wäre, das Schlauchwechseln so lange zu üben, bis man es wie automatisiert kann. Die Radzeit wird jetzt zwar etwas langsamer sein, man ist aber immerhin noch im Rennen. Wie auch bei der Analyse, gilt bei den Lösungsansätzen: sie sind sehr individuell. Und: sich dafür Zeit zu nehmen, lohnt sich. Auch für Hobbyathleten.

Wettkampfanalyse ist für jedermann

„Die Einteilung in Hobby- und Profisportler spielt hier meiner Meinung nach keine Rolle. Eine Rennanalyse ist eine Frage des Anspruchs, nicht des sportlichen Leistungsniveaus“, sagt Sebastian Rosenkranz. Er rät jedoch, die Analyse auf zwei Arten von Wettkämpfen zu beschränken. Die Saisonhighlights (A-Rennen) und die Wettkämpfe, bei denen Material, Pacing, Verpflegung und dem Saisonhighlight ähnliche Bedingungen getestet werden (B-Rennen). C-Rennen, bei denen nur einzelne Aspekte ausprobiert werden, beispielsweise die Belastung eines schnellen 10-Kilometer-Laufs, müssen nicht ausführlich unter die Lupe genommen werden. Generell, so ist der Experte überzeugt, wird jeder Triathlet von einer Rennrückschau profitieren: „Seine Wettkampfroutine zu festigen und zu verfeinern hilft in jedem Fall. Wenn man sich mehr aufs Rennen und weniger aufs Troubleshooting konzentrieren kann, weil man souveräner mit bestimmten Situationen umgeht, wird man fast zwangsläufig immer besser.“ Und besser zu werden, indem man sich einfach hinsetzt und nachdenkt, ist doch eine reizvolle Aussicht, oder?